Leipzig (ots) – Im unwirtlichen russischen Norden, zwischen Schnee und Beton,
erstrecken sich bis ins Unendliche reichende Garagenfelder. Hinter rostigen
Toren verbergen sich die geheimen Refugien des russischen Mannes:
Projektionsflächen großer Träume, kleine Paradiese. Der vom MDR koproduzierte
und in Zusammenarbeit mit Arte entstandene Dokumentarfilm „Garagenvolk“ von
Regisseurin Natalija Yefimkina erlebt im Rahmen der Berlinale am 26. Februar um
19.30 Uhr im Kino International seine Welturaufführung.
Im post-sowjetischen Russland gibt es ein Phänomen abseits von Eisfischen,
Matroschkas und Wodka: die Garagensiedlung. Von außen unwirtliche Blechhütten
bieten sie einer Vielzahl von Russen ein Refugium. Nach eigenem Gusto und
abseits aller Regeln, mit Erfindungskraft und Zähigkeit entstehen auf wenigen
Quadratmetern alternative Lebensräume. Schrottsammler Ilja nutzt die Garage als
Produktionsstätte, Roman für seine Wachtelzucht, Pavel schnitzt kunstfertig
Heiligenfiguren und Viktor hat die seine in jahrzehntelanger Arbeit um vier
unterirdische Stockwerke ergänzt. Hier gibt es alles, und alles scheint möglich,
denn bis hierhin reicht der reglementierende oder korrupte Arm der Regierung
nicht.
Die Garagen sind Ausdruck eines Rückzugs ins Private, einer Flucht vor dem
Alltag. Hinter dem Polarkreis, in einer rauen Gegend, in der ein Bergbaukonzern
der einzige Arbeitgeber ist, bleibt die Garage die letzte Möglichkeit zur
Selbstverwirklichung – und kommt so vielfältig daher, wie die Träume ihrer
Besitzer. Regisseurin Natalija Yefimkina entdeckte dieses Eigenleben, als sie
vor einigen Jahren als Teil einer Spielfilm-Crew in die Region nördlich des
Polarkreises kam und war sofort fasziniert: „Die Garagentore sind wie
Theaterbühnen, bevor sich der Vorhang lüftet – und jedes Mal bietet sich den
Zuschauenden ein neues Stück, eine andere Welt.“
Der Film erzählt in witzigen, unvorhersehbaren, skurrilen Szenen vom Eigenleben
russischer Männer. Ihre Geschichten sind tragisch und heiter zugleich und
ermöglichen den Einblick in die Tiefen der russischen Männerseelen. Die Männer
sprechen dabei für sich – und miteinander. Sie teilen ihre Sorgen mit, ihre
Ängste und ihre Freuden.
„Garagenvolk“ ist ein Episoden- und Begegnungsfilm, dessen mosaikhafte Struktur
mit wiederkehrenden Themen, Motiven und Problemen ein Bild des heutigen
Russlands kreiert. Begleitet von kargen Panoramabildern der schneebedeckten
Kola-Halbinsel im russischen Norden geben die einzelnen Geschichten den
momentanen Gesellschaftszustand wieder. Es entsteht eine visuelle Soziologie.
Natalija Yefimkina (*1983) wurde in Kiew als Kind russisch-ukrainischer Eltern
geboren und zog 1995 mit ihrer Familie nach Deutschland. Nach dem Studium der
Geschichte und Literatur in Berlin arbeitete sie als Regieassistentin und
Produktionsassistentin bei Spielfilmproduktionen. Nach mehreren kurzen
dokumentarischen Arbeiten ist „Garagenvolk“ ihr erster langer Dokumentarfilm und
ihr Debüt als Regisseurin.
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