Berlin (ots) – 2019 war fast jeder zehnte AOK-versicherte Beschäftigte einmal
wegen Rückenschmerzen nicht arbeitsfähig. Beschäftigte mit körperlich
belastenden Tätigkeiten, aber auch ältere Beschäftigte, waren deutlich stärker
betroffen. „Es gibt eine hohe Quote von Betroffenen, die jedes Jahr aufgrund von
Rückenschmerzen in den Betrieben fehlen. Die Fehlzeiten sind regional jedoch
sehr unterschiedlich“, sagt Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer
des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). „Das lässt sich auch durch die
Unterschiede beim Alter und bei den Tätigkeiten der Beschäftigten erklären.“
Präventionsangebote könnten die körperliche Belastbarkeit und Beweglichkeit der
Beschäftigten verbessern und somit die Fehlzeiten sowie die Zahl an
Neuerkrankungen verringern.
2019 fehlten die erwerbsfähigen AOK-Mitglieder insgesamt 214 Millionen Tage. Mit
21 Millionen Tagen belegen Rückenbeschwerden den ersten Platz bei den
Einzeldiagnosen: Von den durchschnittlich 19,8 Tagen, die jedes AOK-Mitglied
2019 krankheitsbedingt im Job ausgefallen ist, entfallen 2,0 Tage auf
Rückenschmerzen. Damit liegt diese Erkrankung noch vor der klassischen Erkältung
(1,4 Tage pro AOK-Mitglied). Die Betroffenenquote lag dabei in den letzten
Jahren kontinuierlich hoch. 2019 war der Wert bei 9,4 Prozent, 2010 bei 9,5
Prozent.
Betroffen sind vor allem Beschäftigte mit körperlich stark belastenden
Tätigkeiten: An der Spitze stehen Berufe in der Ver- und Entsorgung
(durchschnittlich 4,0 Fehltage pro AOK-Mitglied) und Kranführer/innen (3,8
Fehltage), gefolgt von Berufen in der spanlosen Metallbearbeitung (3,7
Fehltage). Die niedrigsten Fehlzeiten aufgrund von Rückenschmerzen hatten Berufe
in der Hochschullehre und -forschung mit durchschnittlich lediglich 0,2
Fehltagen, gefolgt von den Berufen in der Softwareentwicklung mit 0,3 Fehltagen.
Neben der Art der Tätigkeit spielen auch Alter und Geschlecht eine Rolle. So
lassen sich Männer häufiger wegen Rückenschmerzen arbeitsunfähig schreiben als
Frauen (18,3 zu 13,4 Arbeitsunfähigkeitsfälle je 100 AOK-Mitglieder).
„Jobbedingte Rückenschmerzen nehmen mit dem Alter deutlich zu, wobei Männer in
jeder Altersgruppe häufiger betroffen sind als Frauen“, ergänzt Helmut Schröder.
Männer über 60 Jahre trifft es besonders stark. Hier liegen die Fehltage um 22,0
Prozent höher als bei den Frauen (4,4 zu 3,6 Fehltage pro AOK-Mitglied).
Unter den AOK-versicherten Beschäftigten, die im Jahr 2019 wegen Rückenschmerzen
krankheitsbedingt im Betrieb fehlten, konnte ein Drittel bereits im Vorjahr aus
diesem Grund mindestens einmal nicht zur Arbeit gehen. Das kann bereits ein
erstes Anzeichen für chronische Rückenschmerzen sein. 5,0 Prozent dieser
Beschäftigten erhielten sogar in den letzten fünf Jahren durchgängig mindestens
einmal jährlich eine vom Arzt bescheinigte Arbeitsunfähigkeit wegen
Rückenschmerzen.
Deutliche regionale Unterschiede
Die Fehlzeiten aufgrund von Rückenschmerzen sind regional sehr unterschiedlich.
So fehlen die AOK-versicherten Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern wegen
Rückenschmerzen am längsten (durchschnittlich 2,5 Fehltage), gefolgt von
Brandenburg (2,4 Fehltage); am wenigsten betroffen sind die Beschäftigten in
Hamburg (1,6 Fehltage) und Bayern (1,7 Fehltage).
Deutliche Unterschiede zeigen sich auch beim Vergleich der mehr als 400 Kreise
Deutschlands und der Stadtteile der Millionenstädte Berlin, Hamburg, München und
Köln sowie des Stadtstaats Bremen: Beschäftigte, die in den Städten
Gelsenkirchen und Offenbach am Main wohnen, haben deutschlandweit die meisten
Fehltage aufgrund von Rückenschmerzen (3,4 und 3,3 Fehltage pro AOK-Mitglied).
Beschäftigte aus den bayerischen Landkreisen Garmisch-Partenkirchen oder
Oberallgäu sind vergleichsweise wenig von Rückenschmerzen betroffen (1,0 und 1,1
Fehltage).
Prävention im Unternehmen hilft
Die Betriebliche Gesundheitsförderung kann dabei helfen, möglichst
rückenschonend zu arbeiten. Dazu können Betriebe ihren Beschäftigten
zielgruppengenaue Präventionsmaßnahmen wie Rückenschulen, Bewegungspausen oder
das Erlernen richtiger Hebetechniken anbieten. Für Bewegungsprogramme wie
Rückenschulen, die dabei helfen, die körperliche Belastbarkeit und Beweglichkeit
der Beschäftigten zu verbessern, liegen gute Wirksamkeitsnachweise vor. So
können solche Programme zu reduzierten Fehlzeiten oder einer geringeren Zahl an
Neuerkrankungen aufgrund von Rückenschmerzen führen. Die gesetzlichen
Krankenkassen unterstützen Unternehmen, entsprechende Angebote zu etablieren.
Krankenstand insgesamt leicht gesunken
Insgesamt ist der Krankenstand mit 5,4 Prozent im Jahr 2019 im Vergleich zum
Vorjahr leicht gesunken (2018: 5,5 Prozent). Damit hat jeder AOK-versicherte
Beschäftigte im Durchschnitt 19,8 Tage aufgrund einer ärztlichen
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Betrieb gefehlt. Häufigkeit und Dauer der
Krankheitsarten unterscheiden sich deutlich: Die meisten
Arbeitsunfähigkeitsfälle betreffen Atemwegserkrankungen. Die durchschnittlich
längste Falldauer haben psychische Erkrankungen. Ein durchschnittlicher
Arbeitsunfähigkeitsfall aufgrund einer Muskel-Skelett-Erkrankung dauerte 17,3
Tage.
Der Analyse des WIdO liegen die Daten von knapp 14,4 Millionen AOK-versicherten
Arbeitnehmern zugrunde, die 2019 in mehr als 1,6 Millionen Betrieben beschäftigt
waren.
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