Bensheim (ots) – Der 48-jährige Athanase aus Ruanda hat einen Friseursalon. Das
Besondere daran? Er hat eine Sehbehinderung. „Nein, ich schwinge natürlich nicht
die Schere, und ich schneide den Leuten auch nicht die Haare“, erklärt er
schmunzelnd. Dafür hat er einen Angestellten. Trotzdem ist seine Situation in
Ruanda, wie in vielen anderen Ländern auf der Welt, sehr ungewöhnlich: Er hat
ein eigenes Einkommen und kann sich selbst versorgen. 80 Prozent der Menschen
mit Behinderungen können das nicht und leben in Armut. Zum heutigen Welttag der
sozialen Gerechtigkeit mahnt die Christoffel-Blindenmission (CBM) diese
Situation an.
„Die Bundesregierung muss dringend etwas tun, damit Behinderungen nicht zu Armut
und Ausgrenzung führen“, fordert CBM-Vorstand Dr. Rainer Brockhaus. Die
Vereinten Nationen haben vor gut einem Jahr einen Bericht vorgelegt, der die
Ungleichheit aufzeigt. „Wer jetzt noch glaubt, dass behinderte Menschen bereits
die gleichen Chancen haben, hat diesen Paukenschlag nicht gehört“, so Brockhaus.
Der Bericht belegt: Unter der Weltbevölkerung ist der Anteil von existenziell
armen Menschen doppelt so hoch, wenn sie eine Behinderung haben. Ihre
Alphabetisierungsrate liegt 23 Prozent unter der von Menschen ohne
Behinderungen. Und selbst einen Arzt sehen sie dreimal seltener, wenn sie ihn
benötigen.
„Auch wenn die Bundesregierung und die Vereinten Nationen alle Projekte in der
Entwicklungszusammenarbeit ab heute inklusiv gestalten würden, singt der Chor
noch lange nicht im Takt“, so der CBM-Vorstand „Es gibt die Ungleichheit einfach
schon zu lange. Deshalb müssen Menschen mit Behinderungen die Chance bekommen,
aufzuholen. Erst dann kann ein harmonisches Lied entstehen.“
Aufholen für echte Chancengleichheit
Daher unterstützt die CBM in Ruanda zum Beispiel Spargruppen speziell für
Menschen mit Behinderungen. Solche Projekte sorgen dafür, dass neue Saiten
aufgezogen werden und behinderte Menschen aufholen können. Die CBM bildet
Business-Mentoren aus, die wiederum die Spargruppen schulen, wie man ein
Geschäft mit Gewinn aufzieht. Als Mitglied einer Spargruppe zahlt man
wöchentlich 12 Cent in einen Topf ein und mit einer entsprechenden Businessidee
kann man sich dann einen Kleinkredit nehmen.
So hat es auch Athanase mit seinem Haarstudio gemacht. Er pfiff finanziell aus
dem letzten Loch, aber er stellte fest, dass es bislang keinen Friseursalon in
seinem Dorf gab und er kannte schon einen passenden Raum. Durch einen
20-Euro-Kredit von seiner Spargruppe konnte er den Raum mit Strom versorgen.
Denn ohne Strom fehlt seinem Angestellten das Licht und ohne Licht lassen sich
im Salon keine ordentliche Frisuren schneiden. „Bei einer Bank hätte ich keinen
Kredit bekommen. Für Menschen mit Behinderungen ist das äußerst schwer“, sagt
Athanase und betont, wie wichtig diese Spargruppe für ihn und die anderen
Mitglieder ist. Mit seinem Geschäft kann der Vater von drei Kindern seine
Familie ernähren. Das Einkommen erlaubt ihm auch seinem Hobby zu fröhnen. Er
macht leidenschaftlich gerne und sogar erfolgreich Musik. Mit seinem Klavier hat
er bereits mehrere nationale Wettbewerbe gewonnen. Er leistet damit einen
Beitrag zum kulturellen Leben und bereichert die Gesellschaft.
Mehr als 110 Jahre Entwicklungshilfe
Die Christoffel-Blindenmission (CBM) zählt zu den größten und ältesten
Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit in Deutschland. Sie fördert seit
mehr als 110 Jahren Menschen mit Behinderungen in Entwicklungsländern. Die
Aufgabe der CBM ist es, das Leben von Menschen mit Behinderungen zu verbessern,
Behinderungen zu vermeiden und gesellschaftliche Barrieren abzubauen. Die CBM
unterstützt zurzeit 525 Projekte in 55 Ländern. Weitere Informationen unter
www.cbm.de.
Pressekontakt:
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