Mainz (ots) – Der Bundesnachrichtendienst und die CIA belauschten von 1970 bis
1993 gemeinsam die verschlüsselte Kommunikation von mehr als 100 Staaten. Das
belegen bisher unveröffentlichte Dokumente, die von führenden BND- und
CIA-Mitarbeitern verfasst wurden. In den Akten heißt es: „Diplomatische und
militärische Verkehre vieler wichtiger Länder der Dritten Welt, aber auch
europäischer Staaten (…) konnten (…) flächendeckend mitgelesen werden.“ Auf
den rund 280 Seiten wird die sogenannte „Operation Rubikon“ als „eine der
erfolgreichsten nachrichtendienstlichen Unternehmungen der Nachkriegszeit“
bezeichnet. In einer gemeinsamen Recherche haben das ZDF/“Frontal 21″, die
Washington Post und die „Rundschau“ des Schweizer Fernsehens SRF die Dokumente
ausgewertet. Das ZDF-Magazin „Frontal 21″berichtet heute, Dienstag, 11. Februar
2020, um 21.00 Uhr.
Der frühere Kanzleramtsminister Bernd Schmidbauer, CDU, bestätigte die
Geheimdienstoperation. „Die Aktion Rubikon hat sicher dazu beigetragen, dass die
Welt ein Stück sicherer geblieben ist“, sagte Schmidbauer dem ZDF. Der BND habe
diese Zusammenarbeit mit der CIA aber 1993 beendet. Der Bundesnachrichtendienst
teilte auf Anfrage mit, er nehme „zu Angelegenheiten, welche die operative
Arbeit betreffen, grundsätzlich nicht öffentlich Stellung.“
Die vorliegenden Dokumente zeigen, dass sich BND und CIA für ihre Abhöroperation
der Schweizer Firma Crypto AG bedienten. Seit 1970 waren die beiden
Geheimdienste zu je 50 Prozent Eigentümer der Firma. Das Unternehmen stellte
Verschlüsslungstechnik für abhörsichere Kommunikation her und verkaufte diese
weltweit. Die Kunden wussten nicht, dass BND und CIA die Technik manipulieren
ließen. Historiker und Geheimdienstexperten haben die vorliegenden Akten
ausgewertet. Prof. Richard Aldrich von der Universität Warwick kommt zu dem
Schluss: „Die Operation Rubikon war eine der kühnsten und auch
skandalträchtigsten Operationen, denn über hundert Staaten zahlten Milliarden
Dollar dafür, dass ihnen ihre Staatsgeheimnisse gestohlen wurden.“
Die Dokumente belegen erstmals, dass BND und CIA frühzeitig über den Sturz des
chilenischen Präsidenten Allende 1973 und die schweren
Menschenrechtsverletzungen durch die argentinische Militär-Junta informiert
waren. Die von Deutschen und Amerikanern weitergeleiteten entschlüsselten
Funksprüche der argentinischen Marine trugen 1982 entscheidend zum Sieg
Großbritanniens im Falklandkrieg bei.
Die größten Abnehmer für die manipulierten Verschlüsselungsgeräte waren
Saudi-Arabien und der Iran. Jahrzehntelang waren Deutsche und Amerikaner über
die geheime Regierungskommunikation des Ayatollah-Regimes informiert, auch
während der Geiselnahme in der US-Botschaft in Teheran im Jahr 1979.
#cryptoleaks ist eine gemeinsame Recherche von ZDF, Washington Post, dem
Schweizer Fernsehen SRF und dem Forschungsinstitut für Friedenspolitik e.V.
Die Washington Post berichtet in ihrer Ausgabe vom Dienstag, 11. Februar 2020,
das Schweizer Fernsehen (SRF) am Mittwoch, 12. Februar 2020, um 20.05 Uhr in der
„Rundschau“.
Ansprechpartner: ZDF-Redaktion „Frontal 21“, Ulrich Stoll, Telefon: 030 –
2099-1253.
„Frontal 21“ in der ZDFmediathek: https://frontal21.zdf.de
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